Eine Aussage, die ich damals weit von mir wies, denn „Probleme“ im Sinne von Schwierigkeiten hatte ich nicht und wenn ich an mir herunter sah, sah das was ich an mir baumeln sah auch irgendwie nach Mann aus. Doch eine Frage die mich schon sehr früh in meinem Leben bedrängte war „Wer bin Ich?“. Was macht mich aus „als Mann“, wie will ich sein „als Mann“ in dieser Welt voll von tausenden von Möglichkeiten?
Bereits in der Schule gab es ja diese unterschiedlichsten Typen von Jungs. Da waren die einen, die immer auf dicke Hose machten und keine Chance ausließen Schwächere zu drangsalieren. Dann gab es die, die sich immer in jeder Pause auf dem Sportplatz trafen um miteinander zu kicken. Auch gab es die Sanfteren, die sich mit Mädchen unterhielten, was natürlich gar nicht ging, … und natürlich sofort dazu führte bei jedem Kontakt mit „Na Du Schwuler“, „Du Mädchen“ oder „Du Softie“ betitelt zu werden. Es gab die „Störer“ und die „Streber“, die „Stillen“ und die „Lauten“, die eher „Kräftigen“ und die eher „Zarten“. Eine schwierige Zeit wie ich mich erinnere, denn egal wohin und wie Junge sich wendete, es führte einerseits zu Zugehörigkeit, andererseits aber immer auch nahezu zwangsläufig zur Abgrenzung.
Dies frustrierte mich sehr, denn ich wollte doch gerne zu allem und allen dazu gehören weil ich von mir selber meinte irgendwie doch von allem ein bisschen zu sein. Ich fühlte mich oft, obwohl nicht einsam, manches Mal sehr allein, weil ich mich weder da noch dort ausschließlich anbinden wollte bzw. konnte.
So erinnere ich eine Situation ganz besonders, als ich mich als Siebtklässler, also so mit 13 Jahren – mit einem Jungen aus der neunten Klasse, um die Platzrechte auf dem Bolzplatz der Schule geschlagen habe. Es sollte der einzige Kampf meiner Schulzeit bleiben. Doch in dieser Situation wuchs ich über mich hinaus, es ging für mich dabei um eine gerechte Sache und mir wuchsen im Kampf Kräfte zu, die ich so nicht erwartet hatte. Ich streckte in fairem Kampf den Gegner nieder, erkämpfte den Platz und damit auch die Anerkennung der „Coolen“.
Doch diesen „Sieg“ bezahlte ich dann in der nachfolgenden Pause im „Kampf der Vergeltung“ mit einem blühenden Veilchen. In diesem zweiten Kampf hatte ich Angst; standen doch die Kameraden des vorher Besiegten im Kreis um uns herum und ließen mir keinerlei Möglichkeit auszuweichen. Hatte mir im ersten Kampf vielleicht auch das Überraschungsmoment geholfen, so musste ich mich hier bar jeder Chance dem Kampf stellen, wollte ich nicht wie ein geprügelter Hund vom Felde ziehen. Und so nahm ich in diesem Kampf das blaue Auge ehrenhaft hin und war sogar ein wenig stolz darüber.
Heute, nach vielen Jahren der Reifung, nach vielen innerlich wie äußerlich ausgefochtenen Kämpfen, nach viel Innenschau und resultierenden Ein-Sichten und vor allem auch durch die sich mir in den Initiationsritualen offenbarten Wahrheiten, weiß ich wer ich bin … und kann es doch auch heute noch nicht mit Worten beschreiben. Jeder Versuch es in Worte zu kleiden verfehlt letztendlich den Kern. Doch manchmal kann ich es in mir spüren, vor allem dann, wenn ich es fühle.
So treibt ein Satz mir die Tränen in die Augen, vor allem wenn ich diesen Satz mit meinen Söhnen gemeinsam singe: „Du bist ein Gedanke Gottes – ein genialer noch dazu … das ist der Clou, ja das bist Du.“ Die Offenbarung dieser Wahrheit, so klar, so eindeutig, so evident, dass es für mich ein lebendiger Quell männlicher Lebenskraft geworden ist. Für mich lüftete sich der Vorhang und ich erkannte in all den Männern die Vielfalt männlichen Seins.
Heute mache ich „Männerarbeit“ und habe KEIN Problem mit meinem Mann-Sein!
Diese Vielfalt, dieser Facettenreichtum männlicher Erscheinungsformen und männlichen Seins versuchen wir im Männerhort zu entdecken, hervorzulocken und in der Begegnung zu leben.
Sinn und Segen
Stefan Brombach